Wo Bundestags-Kandidat*innen Stellung zum Klimaschutz beziehen müssen

„Alle reden über Klimaschutz: Wir legen los!“ Dieser Spruch stammt von der SPD. Die FDP will einen „Neustart in der Klimapolitik“. Innerhalb der CDU und CSU gibt es jetzt sogar eine „Klima-Union“, die sich für eine 1,5-Grad-Politik einsetzen will. Überall also Klimaschutz. Es scheint, als ob sich die Parteien tatsächlich des Themas annehmen.

„Das sind alles nur Lippenbekenntnisse“, behauptet Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme in Berlin. Keine Partei handele wirklich angemessen. „Mit ihrem neuen Klimagesetz hat sich die Politik verpflichtet, den Treibhausgas-Ausstoß bis 2030 um 40 Prozent gegenüber 2020 zu reduzieren“, so Quaschning, der seine These mit dem Verkehrsbereich illustriert: „Ein Tempolimit könnte zwei Prozent Emissionen reduzieren, ein Verbot von Inlandsflügen weitere zwei Prozent. Für die restlichen 36 Prozent gibt es weder Ideen noch politische Instrumente.“

naturfreundin_3-21-1_titel_0.jpgDie Septemberausgabe 2021 des NaturFreunde-Mitgliedermagazins NATURFREUNDiN hat sich in der Titelgeschichte mit dem Leben in der Klimakrise beschäftigt.

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Deshalb unterstützt Quaschning die Initiative #wählbar2021, mit der sich Wähler direkt an ihre Bundestagskandidat*innen wenden können. Dafür gibt man auf www.waehlbar2021.de seine Postleitzahl an und dann werden die jeweiligen Kandidat*innen dafür angezeigt. Jetzt kann man sie auffordern, zum Klimaschutz Stellung zu beziehen.

Kandidat*innen positionieren sich zu konkreten Maßnahmenpaketen

„Es geht um konkrete Maßnahmenpakete zum Klimaschutz, die von Expertinnen und Experten empfohlen werden“, erklärt Jörg Lange vom Verein CO2-Abgabe. Beispielsweise wird eine „fahrleistungsbezogene Pkw-Maut“ vorgeschlagen, eine „Steuer- und Umlagenreform“, die klimaschädliche Subventionen abschafft, oder ein solidarisches Jahresticket, das alle Kosten des öffentlichen Verkehrs sozial austariert und auf alle Bewohner*innen einer Region umlegt.

NaturFreund Klaus Mindrup, SPD-Kandidat im Norden Berlins, findet beispielsweise 16 der 19 Vorschläge der Initiative #wählbar21 gut, lediglich drei findet er„bedingt“ geeignet. Sein Herausforderer von der Linkspartei – Udo Wolf – will sich im Falle seines Einzuges für 12 der 19 Maßnahmen einsetzen. Die CDU-Kandidatin hatte sich bei Redaktionsschluss noch nicht beteiligt, genauso wenig wie die Kandidat*innen der Bündnisgrünen und der FDP.

Mitgemacht hat dagegen Volker Finke, der ehemalige Fußballtrainer, der den kleinen SC Freiburg einst ganz groß machte. „Es fehlt nicht am Wissen zur Bekämpfung der Klimakrise, sondern am politischen Umsetzungswillen“, sagt der Fußballlehrer. #wählbar2021 sei eine neue Qualität für Wähler, sich zu orientieren, so Finke. „Klimaschutz ist nicht ‚nice to have‘“, sagte auch Volker Quaschning. „Tun wir nichts, drängen Ende des Jahrhunderts mehrere Milliarden Menschen als Klimaflüchtlinge nach Europa.“ Deshalb sei #wählbar2021 auch so unterstützenswert: „Wir brauchen ehrliche Politiker, die Farbe bekennen. #wählbar2021 ist eine Chance, Transparenz herzustellen.“

Freilich nur, wenn viele Wähler* und Kandidat*innen mitmachen, wie Mitinitiator Jörg Lange einräumt. „Deshalb kann man Kandidaten auch per E-Mail auffordern, sich mit den konkreten Maßnahmenpaketen auseinanderzusetzen“, so Lange. Und falls die Kandidat*innen der Aufforderung nicht nachkommen, kann man sie an die Slogans erinnern, die ihre Partei so gern vor sich hertragen.

Nick Reimer